Puerto Navarino: weiter westlich geht (hier) nicht.
4. November 2024
Am heutigen Montag ist ein ruhiger Tag angesagt – die gestrige Wanderung ist uns noch etwas in den Knochen. Es waren zwar nicht viele Höhenmeter, aber die Fotoausrüstung hat halt doch ihr Gewicht, und der Wind auf dem ausgesetzten Berggrat hat auch mehr gezehrt, als man sofort merkt. Und schliesslich sind wir in den Ferien.
Auf der Insel gibt es einen ethnobotanischen Park, und wir haben auf der Webseite der Universidad de Magallanes gelesen, dass es auch Führungen gebe – wir fahren also zu der Adresse des zuständigen Instituts, wo sich aber nur eine Forschungsstation befindet. Wir werden aber an die richtige Adresse verwiesen: Wir sollen zum «CHIC», dem «Cape Horn international Center», das zur Uni gehört, und uns beim Empfang melden, dort könne man das buchen. Tatsächlich werden wir sehr freundlich empfangen, ich solle doch bitte kurz ein Mail mit den Angaben schreiben, aber das sei sicher möglich. Die Anfrage schreibe ich kurz mit dem Handy, und eine halbe Stunde später erhalte ich schon die Bestätigung, dass wir am Mittwoch um 10h vormittags beim Eingang des Parks erwartet werden. Auf der Theke stehen mehrere Bücher über die Vogel- und Pflanzenwelt; wir kaufen uns beide dasjenige über die Flechten und Moose dieser Insel, das nicht nur inhaltlich interessant wirkt, sondern auch mit tollen Makro-Aufnahmen überzeugt.
Im Anschluss erkunden wir weiter die Insel – was nicht weiter schwierig ist. Nachdem wir vor zwei Tagen von Puerto Williams nach Osten gefahren sind, fahren wir heute nach Westen. Rasch zeigt sich, dass es gut ist, dass wir ein eigenes Fahrzeug haben: Wir bleiben gefühlt alle 2 Kilometer stehen, um Fotos zu machen – erneut zieht uns die Landschaft in ihren Bann.
Am Ende der Strasse – Luftlinie 45 Kilometer von Puerto Williams entfernt, laut Strassentafel sind wir 54 Kilometer gefahren – befindet sich der kleine Hafen Puerto Navarino. Hier sind wir 76 Strassenkilometer von der Caleta Eugenia entfernt, wo wir am Samstag waren – mehr geht hier nicht: auf der Insel gibt es nur diese eine Strasse. In Puerto Navarino legt die Fähre an, die die Insel mit dem argentinischen Ushuaia verbindet, das gerade gegenüber liegt; und auch die meisten touristischen Angebote starten in der Hochsaison von hier – Whale watching (im Moment sind keine Wale da), Ausflüge zu den Gletschern (die wir von der Fähre aus bereits gesehen haben) und weitere. Die Angebote werden aber in der Stadt verwaltet, hier gibt es keine Stände – aber auch kein Café oder ähnliches, was wir eigentlich erwartet hatten. Nix davon. Es gibt ein Gebäude der chilenischen Marine (Armada), daneben noch 2 oder 3 Hütten, die vermutlich von Fischern bewohnt werden, und das war es auch schon. Wir fahren also gemütlich zurück nach Puerto Williams und machen einen Umweg über die Halbinsel, die in den Beaglekanal reicht und auf der sich auch der Flughafen befindet. Auf der Insel entdecken wir die Überreste von zwei alten Flugabwehrkanonen, die direkt am Rand der Insel auf einer kleinen Anhöhe stehen und daran erinnern, dass die beiden Länder Chile und Argentinien, die hier in Sichtweite sind, noch vor wenigen Jahrzehnten einander alles andere als freundlich gesinnt waren. Tatsächlich dauerte der Konflikt um die Territorien südlich des Beagle-Kanals seit 1904 an, und Argentinien hatte Ende der 1970er-Jahre konkrete Pläne, die Inseln militärisch zu besetzen. Die Spannungen hielten bis in die 1980er an, und sie waren mit ein Grund, warum Chile während des Falklandkrieges (der hier Guerra de las Malvinas heisst) England Unterstützung zukommen liess. [1]
Zurück in Puerto Williams erkundigen wir uns noch beim Tourismusbüro nach möglichen Aktivitäten, bleiben dann aber bei unseren Plänen für die nächsten Tage. Morgen wollen wir das Museum besuchen, das sich mit der Geschichte der Einheimischen auseinandersetzt. Anschliessend wollen wir nochmals das Städtchen erkunden. Am Mittwoch ist der Besuch um ethnobotanischen Park geplant, und am Donnerstag oder Freitag wollen wir nochmals die Gegend zu Fuss erkunden,.
[1] Diese Pläne wurden unter dem Namen «Operation Soberanía» (deutsch: Operation Souveränität) geführt. Neben der Einnahme der Inseln waren auch Angriffe an Land in Richtung Santiago, Puerto Montt und Punta Arenas geplant. Der Angriff hätte am 22. Dezember 1978 begonnen werden sollen, wurde dann aber kurz vor Beginn an eben diesem Tag abgesagt, nachdem Papst Johannes Paul II. ein Vermittlungsangebot lanciert hatte.
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