Santiago, je t’aime, un peu. Beaucoup, passionnément, à la folie… – pas du tout. Et tout à la fois.

Published by Olivier Flechtner on

9.-12. November 2024

Santiago.

Lärm. Smog. Verkehr. Asphalt, der die Hitze reflektiert. Die Luft steht in den Strassen. Abgasgestank. Man wird von Strassenverkäufern angequatscht und muss auf Taschendiebe achten. Es ist heiss. Die Sonne brennt. Kurz: eine Grossstadt im Norden (Pro memoria: Wir sind im Spätfrühling auf der Höhe von Rom – einfach auf der anderen Seite der Kugel).
Nach dem ruhigen, friedlichen, kühlen, windigen, kleinen, charmant engen und überschaubaren Puerto Williams, der sauberen Luft, dem Rauschen des Meeres, der Flüsse und der Wälder und noch vielen anderen Eindrücken ist diese Stadt der gefühlt gegenüberliegende Pol auf dieser Erde.

Aber: ich merke, dass ich die Stadt mag. Ein bisschen contre-cœur, weil ich ja eigentlich kein Grossstadtmensch bin. Aber die Geschichte (und Geschichten), die in dieser Stadt an jeder Ecke präsent ist, ihre Gebäude, die Gegensätze und vor allem die Menschen haben es mir angetan. Man ist freundlich, nimmt sich selbst nicht ernst, lächelt, wenn jemand einem auf den Fuss steht, hupt sich an und winkt dann trotzdem freundlich, wenn Platz gemacht wird. Natürlich: Das hilft keinem einzigen der Obdachlosen, die hier leben. Es löst keines der Probleme, denen Chile momentan politisch gegenüber steht. Es wird deswegen niemand gesund, der wegen einer fehlenden Krankenkasse keinen Zugang zu Medikamenten hat – mit der Liste liesse sich ein Buch füllen. Aber das ist nicht der Punkt. Sondern vielmehr: So einfach geht Savoir-Vivre. Und das gilt auch für die Bettler und Strassenverkäufer, die einem mit einem Lächeln begegnen, wenn sie eine Frage stellen – und auch ein freundliches Nein mit einem Lächeln quittieren.

Die Überfahrt

Aber zurück im Zeitstrahl. Am Samstag haben wir in Puerto Williams die Fähre genommen – 22 Breitengrade oder 2’400 km Luftlinie südlich von hier. Wenn man nur auf chilenischem Hoheitsgebiet bleibt, sind es sogar 200 km mehr. Nachdem die Rückfahrt im tristen Regen begann, rissen die Wolken etwa eine Stunde nach der Abfahrt auf und wir konnten den Beginn des Beaglekanals und die ersten Gletscher nochmals bei wunderbaren Verhältnissen bestaunen. Am Sonntagmorgen war das Wetter erneut regnerisch und windig – und der Pazifik etwas rauer als bei der Hinfahrt, aber noch immer weit von dem entfernt, was er zu bieten hat, wenn Poseidon seinen Dreizack so richtig rührt. Trotzdem: einmal mehr wuchs unser Respekt vor den Seefahrern, die diese Strasse vor 504 Jahren zu genau dieser Jahreszeit befuhren. Auf der anschliessenden Fahrt durch die Magellanstrasse beruhigte sich das Wetter, und wir konnten nochmals einen Blick auf den Faro San Isidro sowie Fuerte Buelnes geniessen, bevor wir gegen 21h in Punta Arenas eintrafen und unsere Unterkunft bezogen.

Nach einer kurzen Nacht – die aber weniger kurz war als ursprünglich befürchtet – fuhren wir am Montag zum Flughafen und hoben circa um 9h ab Richtung Santiago, wo wir kurz nach 12h eintrafen. Den Nachmittag verbrachten wir mit einem Stadtbummel und einer leckeren Entraña im Restaurant, in dem wir den letzten Abend mit Valérie verbracht hatten.

Die Stadt Santiago

Der Dienstag begrüsst uns mit warmem Wetter und einer für Santiago guten Fernsicht, so dass wir beschliessen, auf den Cerro San Cristóbal zu fahren. Der Gipfel dieses Hügels liegt auf rund 880m ü.M., also etwa 300 m über der Stadt und damit gleich hoch wie die Spitze des «Sky Costanera». Auf diesem Naherholungsgebiet tummeln sich nicht nur Touristen wie wir, sondern auch zahlreiche Velofahrer und Skateboarder, die die Strasse auf den Hügel als Trainings- und Vergnügungsstrecke nutzen. Ausserdem gibt es einen Biketrail, der ziemlich spannend aussieht.

Der Cerro San Cristobal ist auch als Aussichtspunkt beliebt – und man geniesst in der Tat eine sehr schöne Aussicht auf diese Stadt und die Berge, die wie ein grosser Kranz um sie herum liegen – man sieht ab auch sehr deutlich die Smogglocke, die über der Stadt liegt.
Der Preis für die Aussicht ist, dass man sich in den Touristenstrom einfügen muss. Auf den Hügel gelangt man mit einer Drahtseilbahn, die 1925 in Betrieb genommen wurde, und auf der Gegenseite führt eine Kabinenbahn bis in die Nähe des Sky Costanera – wir entscheiden uns, den Hügel zu Fuss zu erkunden, lassen uns dann aber dennoch ganz touristisch von der Seilbahn an den Fuss des Hügels bringen.
Da es bereits früher Nachmittag ist, begeben wir uns in den Mercado Central – hier werden Meeresfrüchte und Fische feilgeboten, und im Zentrum der Halle befinden sich mehrere Restaurants. Wir lassen uns von einem Deutsch sprechenden Angestellten überzeugen, sein Restaurant zu besuchen und geniessen eine Meeresfrüchteplatte.

Den Tag nutze ich ausserdem, um – nach mehreren Wochen in der Natur – wieder etwas «Street Photography» zu üben. (Euer Feedback ist willkommen – wie auch übrigens zu den anderen Fotos: sei es in den Kommentaren, über das Kontaktformular oder per Mail!)

Ich besuche im Anschluss noch eine grosse Buchhandlung und schaffe es zu meiner eigenen Überraschung, sie mit nur zwei Büchern zu verlassen. Die Auswahl an Literatur, die die Geschichte des Kontinents, des Landes und der verschiedenen Ethnien aus ihrer eigenen Perspektive erzählt, ist überwältigend – aber ich merke auch, dass ich mich noch viel mehr mit den Hintergründen auseinandersetzen müsste, um eine gute Auswahl zu treffen. Ich nehme viele Bücher in die Hand, die mich eigentlich faszinieren – und lege sie frustriert beiseite, weil ich schlicht nicht in der Lage bin zu beurteilen, ob sie eine Perspektive sehr einseitig vertreten und ich das Gefühl habe, schlicht über ungenügende Kenntnisse zu verfügen, um dies (obwohl es eigentlich spannend wäre!) sachlich zu beurteilen. Am Schluss entscheide ich mich für zwei Bücher, die mir den Eindruck vermitteln, eher neutral und sachlich zu sein, aber eine Perspektive zu vermitteln, die man in Europa nur selten kennenlernt.

Für den morgigen Mittwoch (Meine Güte… schon Mittwoch??) haben wir einen Museumsmarathon geplant. Wir sind gespannt, wie viele wir schaffen!


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