Thermen und Regenwald

Published by Olivier Flechtner on

20.–21. Oktober 2024

Unsere beiden letzten Tage in Puerto Montt verbringen wir in der Gegend rund um den Nationalpark «Alerce Andino» – allerdings auf sehr unterschiedliche Art und Weise. Der Park beginnt rund 50 km südöstlich von Puerto Montt und erstreckt sich über knapp 40’000 Hektaren – das ist etwa so gross wie Wien oder die Hansestadt Bremen.

Am Sonntag besuchen wir die «Termas del sol». Diese Thermen liegen am Fuss des Vulkans Yates, welcher seit rund 1000 Jahren inaktiv ist. Die Anlage liegt mitten im Regenwald und bietet von den Becken aus eine herrliche Aussicht auf die Wälder und den kleinen See in unmittelbarer Nähe. Das Wasser gelangt hier mit einer Temperatur von 60°C an die Oberfläche und wird in mehreren Becken gesammelt. Dort kühlt es ab und wird je nach Becken auf einer Temperatur von 37°C bis zu 45°C gehalten. Das sehr mineralische, aber auch sehr wenig kalkhaltige Wasser ist sehr angenehm, und wir verbringen hier den gesamten Nachmittag. In der kleinen Caféteria gibt es leckeren Kuchen und überraschend gute Pizza, so dass wir hier auch Abend essen. Zum Abschluss dieses entspannten Tag fahren wir weiter Richtung Süden, bis wir zur Fähre gelangen, die uns über die Meerenge zurück auf die Strasse Richtung Puerto Montt bringt.

Am darauffolgenden Tag – unserem letzten in dieser wunderschönen Gegend – gehen wir in den Park und folgen dort einem der Wanderwege, die es hier gibt. Wir haben uns für den Sektor Chaica entschieden, wo der Weg dem kleinen, kristallklaren Rio Lenca folgt. Das Wetter ist regnerisch, was sich aber fast als Glück herausstellt: so erhalten wir einen sehr guten Eindruck von diesem Regenwald. Wir geben uns Rechenschaft, dass wir bisher diesen Begriff eher mit tropischem Klima assoziiert haben – und nicht mit dem hier herrschenden gemässigten, eher kühlen Klima. Die Baumstämme sind stark mit Moosen, Flechten und Farnen bewachsen, und auf den Stämmen der älteren Bäume haben sich andere Bäume angesiedelt. Wo mehr Licht zum Boden gelangt, wachsen riesige Farne, deren Wedel über drei Meter gross sind. Das Ganze wird zu einem undurchdringlichen Dickicht, das von vielen Vögeln bewohnt wird – die wir aber nur hören und kaum zu Gesicht bekommen.

Unsere Wanderung führt uns bis zur «Alerce millenario» – einem etwa 2’700 Jahre altes Exemplar einer patagonischen Zypresse (Fitzroya cupressiodes). Es ist nicht das älteste Exemplar dieser Art. Dieses steht in einem anderen Park weiter nördlich und wird auf mehr als 3’600 Jahre geschätzt. 2022 wurde ein weiteres Exemplar gefunden, das möglicherweise über 5’000 Jahre alt ist. Der Nadelbaum kommt hier im Park immer wieder vor, er ist aber vom Aussterben bedroht. Einerseits wurden in der Gegend von Puerto Montt grosse Brandrodungen vorgenommen, um das Land landwirtschaftlich nutzen zu können. Aber auch das Holz der Alerce war sehr beliebt, da es relativ leicht und elastisch, aber auch robust und vor allem für Schindeln geeignet ist. Erst 1976 wurde die kommerzielle Nutzung verboten.


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