Chilereise, Teil 1: Santiago de Chile

Published by Olivier Flechtner on

10.–13. Oktober 2024

Zwei Jahre nach der ersten Reise in Südamerika bin ich wieder in Chile. Dieses Mal soll es in den Süden bis nach Feuerland gehen, insgesamt werden es etwas mehr als fünf Wochen Reise sein. Da mich dieses Mal meine jüngste Tochter und ein guter Freund begleiten, erkunden wir zuerst auch Santiago nochmals.

Unsere Unterkunft befindet sich sehr zentral, und so ist unser erstes Ziel noch am Tag der Ankunft der Cerro Santa Lucia – auf diesem Hügel wurde die Stadt im Jahr 1541 von Pedro de Valdivia gegründet. Die Sicht auf die umliegenden Hochhäuser und deren Kontrast mit den historischen Bauten und vielen Bäumen sind jedes Mal wieder beeindruckend.

Am Tag darauf besuchen wir die Villa Grimaldi. Deren Geschichte als Gefangenen- und Folterlager während der Diktatur habe ich im Film zur letzten Reise schon ausführlich behandelt (> Link).

Die Villa selber steht heute nicht mehr, man kann aber Im Modell den Weg der Gefangenen gut nachvollziehen. Vom Eingangstor aus, das heute verschlossen ist, führte man sie in die Villa, wo sie verhört und geprügelt wurden. Von dort ging es weiter in den Zellenkomplex. Im hinteren Teil der Anlage befand sich ein Wachturm, von dem aus die gesamte Anlage überwacht wurde.

Im Jahr 2022 war der Turm, der heute als Nachbau steht, wegen der pandemiebedingten Einschränkungen nicht zugänglich. Dieses Mal aber kann man in den oberen Stock, in dem sich die Folterzellen befinden. In diesen kleinen, rund 1.5 Quadratmeter grossen Kammern wurden bis zu 5 Menschen eingesperrt, die dort in ihren eigenen Ausscheidungen liegen mussten – und aus denen sie in der Regel nie mehr lebend heraus kamen. Diese Zellen waren nur über eine kleine Luke zugänglich, durch die die Gefangenen kriechen mussten – oder durch die ihre Leichen dann wieder hinausgezerrt wurden.

Auch wenn ich selber nun schon das dritte Mal in der Villa Grimaldi war, so ist dieser Besuch doch erneut bedrückend. Umso besser tut es, anschliessend den «Sky Costanera» zu besuchen, das mit 300 m höchste Gebäude in Südamerika. Die Sicht ist aufgrund des Smogs und der Wolken nicht besonders gut, aber man erhält doch einen guten Eindruck dieser grossen Stadt, in der über 8 Millionen Menschen leben – also rund 40% der gesamten Bevölkerung von Chile, welches gesamthaft etwas mehr als 19 Millionen Einwohner hat.

Am Abend besuchen wir den Vater unserer chilenischen Gasttochter – es ist ein lustiger, bunter Abend mit mehreren seiner Cousinen und Cousins. Bei Wein und Entraña (ein sehr feines Stück Rindfleisch) wird viel gelacht, diskutiert und erzählt. Spät abends nehmen wir ein Taxi und fallen todmüde ins Bett.

Am Samstag erkunden wir das Stadtzentrum rund um den Präsidentenpalast und die «Placa de Armas», den ehemaligen Paradeplatz. In der Nähe des Palastes – der sogenannten «Moneda» – befindet sich das «Centro Cultural La Moneda». Dieses Museum setzt sich mit der Geschichte des Landes auseinander und kontextualisiert die heutige Gesellschaft vor deren Hintergrund. Wir besuchen die Ausstellung, die das 140-jährige Bestehen der Nationalen Eisenbahngesellschaft thematisiert. Chile verfügt über ein weitläufiges Eisenbahnnetz, welches Ende des letzten Jahrhunderts zum Teil aufgegeben wurde. Die noch genutzten Strecken werden derzeit vor allem für Güter genutzt – offenbar ist aber geplant, die Linien wieder auszubauen oder auch neue Strecken zu erstellen, so dass bis ins Jahr 2035 Puerto Montt wieder mit der Bahn von Santiago aus erreichbar sein soll. In der Ausstellung wird aber auch die Geschichte der Bahn in Chile beleuchtet, welche leider auch einige furchtbare Unfälle beinhaltet, so zum Beispiel das Unglück von Limache am 17. Februar 1986, als zwei Triebwagen frontal zusammenstiessen. Mindestens 58 Menschen verloren ihr Leben, über 500 wurden verletzt, mehr als 100 von ihnen schwer.

Etwas südlich der «Moneda» ist schliesslich die Krypta von Bernardo O’Higgins, welcher Anführer der Unabhängigkeitsbewegung und ab 1818 erster «Director supremo», also Präsident Chiles war. Hier wird die Geschichte von Chiles Unabhängigkeit beleuchtet. Ergänzend empfiehlt sich der Besuch des Nationalmuseums an der Placa de Armas, in welchem auch die Geschichte des Landes in der Folgezeit und bis zur Diktatur (1973 – 1990) erzählt wird.

Am heutigen Sonntag reisen wir nach Puerto Montt. Von dieser am Meer gelegenen Stadt aus werden wir die nächsten 12 Tage aus die Gegend erkunden – auf dem Programm stehen der Vulkan Osorno, die Ausgrabungsstätte von Monte Verde mit Spuren der ersten Menschen auf dem Kontinent, die Insel Chiloé und noch weitere Sehenswürdigkeiten. Stay tuned!


1 Comment

Alizée · 28.11.2024 at 08:10

So spannend erläutert!

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